Zur Erbauung in der ereignisarmen Corona-Pandemie-Zeit hier eine tatsächliche Geschichte, die
schon etwas zurückliegt, aber eigentlich zeitlos ist.
Anfang September 2019 beobachteten Wolfgang und ich Saturn und Jupiter am Astrophysics Starfire
EDF Teleskop mit der damals neuen Mallincam-Kamera mittels Okularprojektion*
durch das 10-mm-Okular. Im Livebild sahen wir störende seltsame dunkle Flecken und Linien, die wohl von Staub auf
der Sensorabdeckung stammen würden, glaubte ich. Saturn und Jupiter standen 2019 ja sehr tief am
Südhimmel und zusätzlich störte eine heftige Luftunruhe die Bilder so stark, dass wir an diesem
Abend gar keine Aufnahmen machten. Ein paar Tage später untersuchte ich die Sensorfront der
Kamera mit einer Lupe, fand aber keinen Schmutz auf der Sensorabdeckung. Das Tage zuvor
verwendete Okular inspizierte ich dann auch noch. Bei einem bestimmten Lichteinfall glaubte ich, in
der Öffnung im Okular etwas glänzen zu sehen. Das wollte ich mir zuhause bei optimierter
Beleuchtung genauer anschauen und möglichst auch fotografieren.
|
Blick von unten in das Okular |
Ausschnitt, mit verstärktem Kontrast Ja, da waren tatsächlich ein paar hauchdünne Fädchen zu sehen. Das Okular ließ sich einfach
zerlegen; im abgeschraubten Oberteil ist die Optik, und das Unterteil besteht nur aus der Hülse und
einer Blende.
|
Zerlegtes 10-mm-Okular |
Die Öffnung der Blende im Unterteil fotografierte ich mittels Dunkelfeldbeleuchtung. Dazu muss man
dafür sorgen, dass der Hintergrund möglichst schwarz ist (gerade passend großes Scheibchen aus z. B.
schwarzer Pappe) und eine Lichtquelle ringsum von schräg hinter dem schwarzen Scheibchen das
Objekt im Gegenlicht beleuchtet.
|
Blick durch die Blende im Gegenlicht mit dunklem Hintergrund |
Das sind ja Spinnweben!!! Da hatte sich offensichtlich eine Spinne in unserem Okular häuslich
eingerichtet. Die Spinne selbst war leider nicht mehr zu entdecken.
Bei nächster Gelegenheit baute ich an der Sternwarte die ursprüngliche Aufnahmeanordnung mit
Kamera und Okularprojektion noch mal auf und fotografierte mit neutralem Hintergrund.
|
Testbild der Okularprojektion, passt zu dem gespiegelten und gedrehten Vergleichsbild von oben |
Die Spinnweben zu entfernen war dann natürlich kein Problem mehr.
Früher benutzten manche Astronomen tatsächlich Spinnwebfäden als Fadenkreuz in ihren Okularen.
Unsere Spinne war da aber selbstständig, ohne Planung, etwas zu eifrig und gar zu wild in ihrem Tun.
Siehe dazu auch:
Rolf Riekher, Fernrohre und Ihre Meister, Berlin 1990, 2. Aufl., S. 174f,
Daniel Fischer, „Fadenkreuzspinnen“ in Sterne und Weltraum, Jahrgang 28 (1989), Nr 12, S. 742f
und https://www.spektrum.de/quiz/wozu-hielten-sich-astronomen-einst-spinnen/622060
Peter Bentz, 13.02.2021
* Okularprojektion ist ein Verfahren zur starken optischen Vergrößerung beim Fotografieren eines
kleinen Objektes (z.B. eines Planeten), bei dem das Bild im primären Fokus durch ein Okular noch
weiter vergrößert auf dem Sensor oder Film einer Kamera abgebildet wird. In unserem Fall war das
Spinnennetz wohl zufällig sehr nahe an der primären Fokusebene.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen